Musterdokumentation

In diesem kurzen Beitrag soll beispielhaft verdeutlicht werden, worauf es bei der Dokumentation einer seltenen Vogelart vorrangig ankommt, da der inhaltliche Anspruch einer Beschreibung zur Dokumentation einer „meldepflichtigen“, also in Baden-Württemberg sehr selten auftretenden Art vielfach noch missverstanden wird. Als Beispiel werden zwei Dokumentationen eines Schwarzstorches präsentiert, um zu verdeutlichen, wie eine akzeptable Beschreibung aussehen kann bzw. wie eine nicht ausreichende Beschreibung oftmals aussieht. Dabei wurde bewusst eine Art gewählt, die nicht zu den „meldepflichtigen“ Arten in Baden-Württemberg zählt und vergleichsweise einfach zu beschreiben ist. Bei einer Dokumentation kommt es sicherlich nicht auf besondere Länge an, sondern primär auf eine präzise Beschreibung der wesentlichen und bestimmungsrelevanten Merkmale, sodass auch Beschreibungen in Stichworten zulässig sind. Die Beschreibung sollte so objektiv wie möglich sein und es einem sachkundigen Leser, der den Vogel nicht gesehen hat, ohne Schwierigkeiten möglich machen, die Bestimmung unter den gegebenen Beobachtungsumständen nachzuvollziehen. Als Leitfaden für eine Dokumentation sollte man die auf der Rückseite des offiziellen Meldebogens der DSK bzw. der AKBW angegebenen Stichworte heranziehen. Auch die Vorderseite dieses offiziellen Meldebogens sollte stets komplett ausgefüllt werden.

Für diese Musterdokumentation wurde absichtlich ein übertriebenes und manchem erfahrenen Beobachter vielleicht sogar absurd erscheinendes Beispiel einer Verwechslungsmöglichkeit herangezogen. Da aber wohl jeder diese Arten genau vor seinem geistigen Auge hat, lässt sich unseres Erachtens daran beispielhaft verdeutlichen, wo die Problematik liegen kann, den schriftlich festgehaltenen Bestimmungsweg eines anderen objektiv nachzuvollziehen!

I. Ausreichende Dokumentation eines Schwarzstorches

Beobachtungsumstände: Am Abend des Beobachtungstages entdeckte ich gegen 19:30 Uhr einen gut graureihergroßen Storch, der in einer Feuchtwiese zusammen mit Weißstörchen nach Nahrung suchte. Die Beobachtungsentfernung betrug ca. 50 m. Während der 50-minütigen Beobachtung, die unter günstigen Bedingungen (windstill, Sonne im Rücken) mit Hilfe eines 30-fach vergrößernden Spektives erfolgte, konnte der Vogel anhand der in der folgenden Beschreibung aufgeführten Kennzeichen eindeutig als Schwarzstorch bestimmt werden. Von mir mit dem Handy über die Entdeckung benachrichtigt, eilten B. Obachter und M. Elder herbei. M. Elder fertigte die beigefügten Belegaufnahmen an. Gegen 20:20 Uhr brachen wir die Beobachtung ab, da es mittlerweile zu dunkel geworden war. Am nächsten Morgen konnten wir nur noch die Weißstörche wieder finden, der Schwarzstorch konnte auch an den folgenden Tagen leider nicht mehr gesehen werden, obwohl viele Beobachter angereist kamen.
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Gesamteindruck: Typischer Storchenvogel, in Gestalt, Größe und Bewegung dem Weißstorch sehr ähnlich, wenn auch etwas kleiner.

Kopfzeichnung: Kopf einheitlich dunkel schwarz mit grünlichem Glanz. Breiter, auffallender roter Augenring.

Oberseite: Mantel und Nacken wie Kopf schwarz mit grünlichem Glanz auf dem Mantel. Im Flug Bürzel und Oberschwanzdecken weiß.

Unterseite: Unterseite weiß, lediglich die Brust schwarz mit grünlichem Glanz.

Unbefiederte Körperteile: Schnabel etwa von doppelter Kopflänge, und kräftig dolchförmig, Beine sehr lang und kräftig, wie der Schnabel leuchtend rot.

Diese Beschreibung ist nachvollziehbar und ähnliche Arten (Weißstorch, Austernfischer s.u.) werden eindeutig ausgeschlossen. Eine solche Dokumentation kann als ausreichend anerkannt werden.

Bei schwerer zu bestimmenden Arten muss eine Beschreibung natürlich wesentlich ausführlicher ausfallen und die einzelnen Gefiederpartien sollten genau beschreiben werden. Die Dokumentation kann gerne mit einer einfachen, beschrifteten Skizze versehen sein und sollte im Optimalfall durch Dokumentationsfotos vervollständigt werden!

II. Nicht ausreichende Dokumentation eines Schwarzstorches

Ich entdeckte den Schwarzstorch und war mir sofort sicher, dass ich es mit dieser Art zu tun hatte. Die typische schwarz-weiße Farbverteilung und das Verhalten sowie die Größe passten genau zu der Art. Die Unterseite war hell, der Rest schwarz. Schnabel und Beine rot. Kopf dunkel. Nach 10 Minuten brach ich die Beobachtung ab, da ich mir der Bestimmung absolut sicher war. Ich beobachte seit Jahrzehnten Vögel und bin ein Kenner der Art, der ich schon oft auf Reisen in entfernten Ländern begegnet bin. Eine Verwechslung ist somit ausgeschlossen. Zu Hause stellte ich fest, dass der Vogel exakt so aussah, wie im Vogelbuch von Phantasia auf Seite 111 oben abgebildet.

Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Melder tatsächlich einen Schwarzstorch beobachtet hat. Anhand der Dokumentation lässt sich jedoch nicht erkennen, ob es überhaupt ein Storch war, noch könnte man z.B. einen Austernfischer ausschließen. Auch dieser hat einen roten Schnabel, ist groß im Verhältnis zu anderen Limikolen und hat ein schwarz-weißes Gefieder. Die Bestimmung ist somit nicht sicher nachvollziehbar, da der Vogel nicht genau beschrieben wurde, und es unklar bleibt, an welchen Körperteilen bestimmte Kennzeichen erkannt wurden. Der alleinige Hinweis auf erworbene Erfahrung ist zudem wenig wert, wenn diese Erfahrung sich nicht in Form einer eindeutigen Beschreibung niederschlägt.

Wie bereits erwähnt ist dieses Beispiel überzogen und und wird im Feld (hoffentlich) so nicht vorkommen, es zeigt jedoch auf, worauf es bei einer Dokumentation einer seltenen Vogelart ankommt. Es muß aus der Beschreibung klar ersichtlich werden, welche Merkmale der Beobachter im Feld erkannt hat (und welche nicht) und worauf sich seine Bestimmung gründet. Nur dann kann Ihre Beobachtung als ausreichend dokumentiert anerkannt werden und als sicherer Nachweis für eine spätere Auswertung über das Auftreten oder die Ausbreitungsgeschichte dieser Art in Baden- Württemberg und Deutschland gelten und entsprechend archiviert werden. Sollten Sie noch weitere Fragen haben oder Hilfe für die Erstellung einer Dokumentation benötigen, stehen wir Ihnen natürlich gerne zur Verfügung!

Diesen Text können Sie sich auch hier herunterladen:
Musterdokumentation AKBW